Der Narr und der Tod

Wir haben gerade die Zeit des stillen Gedenkens und zugleich eine höchst lebendige närrische Zeit. Die Zeit des Narrentreibens und des Todes. Gute Zeit also, schlechte Ideen und Strategien zu begraben und sich einen Narren zu suchen, der einem endlich die Wahrheit sagt.

Für das keltische Volk, unsere keltischen Ahnen, waren November und Dezember die „dunkle Zeit“.  Zeit der Stille und des Gedenkens an die Toten. Zugleich hat die Schwarze Göttin getanzt, nackt und obszön. „Sie tanzt auf Dir statt dich zu trösten“, wie es in einer Beschreibung heißt. Sakrileg und Verhöhnung? Im Gegenteil: der wilde Tanz der Schwarzen Göttin mitten im Chaos zeigt die Dialektik des Lebens. Wo der Tod ist, darf auch das Leben gefeiert werden.

Was unsere indoeuropäischen Vorfahren vorgemacht haben, hat sich über die Jahrtausende hinweg gehalten. Die Gleichzeitigkeit von besinnlichem Rückblick und närrischem Treiben kannten auch die Römer mit ihren Saturnalien, jenem bacchantisches Fest im Dezember, wo Herr und Sklave die Rollen vertauscht haben und der Sklave dem Herren befehlen und die Wahrheit sagen konnte.

Auch wir feiern heute beides: die (leider nicht ganz so) stille Adventzeit, die Geburt eines Heilands, den besinnlichen Jahresbeginn und – wie eine absurde Parallelwelt – den Fasching, der seit 11. November gilt. Die Toten und die Narren.

Gut, also nehmen wir die Einladung an. Feiern wir die Dialektik auch im unternehmerischen Umfeld. Nehmen wir uns Zeit und gedenken wir all der Dinge und Projekte, die gestorben sind und NICHTS geworden sind. All jene unternehmerischen Ideen und Marketingstrategien, die einfach nicht gegriffen haben. Pläne, die wir angegriffen und wieder einmal vertagt oder versiebt haben. Der Schokoladefabrikant Josef Zotter hat auf seinem Werksgelände einen eigenen Ideenfriedhof angelegt, wo jede Idee, die nichts geworden ist, ein eigenes kleines Grab bekommt. Recht so. Denn in allem, was nichts wird, liegt ebenso viel Kraft, wie in allem, was etwas wird. Auch das Sterben hat seine Qualität. Nehmen wir uns doch kurz Zeit, um an all das zu denken, was im letzten Jahr NICHT werden wollte, und bedanken wir uns dafür. Vielleicht hat es uns Zeit und Geld erspart, vielleicht hat es uns Raum für anderes gegeben und sei es einfach mehr freie Zeit, die wir mit den Kindern verbringen konnten. Oft waren wir vielleicht auch voll Ängste und Befürchtungen und dann ist es doch erfreulich, wenn all das, was wir so gefürchtet haben, NICHT eingetreten ist. Dafür darf man schon einmal Danke sagen.

Und dann – die Zeit wäre jetzt günstig – sollten wir uns nach einem Narren umsehen, der uns endlich einmal die Wahrheit sagt. Über unseren Führungsstil, unsere Produkte, unsere Strategien, unsere Unternehmensphilosophie, …! Viel Spaß und Erfolg und Mut im Neuen Jahr.

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