Verschwendung

Text von Harald Koisser

Der Artikel ist auch als druckfreundliches PDF erhältlich: Begriff&Erhellung

„Verschwenden“ kommt von „schwinden“. Etwas schwindet dahin, vergeht und geht verloren. Wer verschwendet, macht etwas schwinden. Daraus entstand die Bedeutung, etwas nutzlos zu vertun, aber interessanterweise ebenso „in Fülle austeilen“ oder „freigiebig geben“ (ca. 15. Jahrhundert). Die Wortbedeutung teilte sich also und man verstand unter „Verschwendung“ einerseits eine Form von Vernichtung oder aber ein lustvolles Abgeben von einem Zuviel (Spenden, Mäzenatentum), letzteres durchaus positiv konotiert. In beiden Fällen aber ist Verschwendung losgelöst von Ratio, sie ist nie logisch begründbar. Die strenge Rechnung verträgt sich nicht mit dem Übermaß. Wer verschwendet ist gewiss nicht bei Sinnen, könnte aber durchaus Sinn erfahren.

Willkommen ist Verschwendung in unseren heutigen ökonomischen Prozessen immer dann, wenn andere sich an uns verschwenden, sei es, dass sie als KonsumentInnen unsere Güter sinnlos begehren, oder sich als MitarbeiterInnen im Unternehmen aufopfern. Von beidem kann man gar nicht genug bekommen.

Jedes Brainstorming lebt von Verschwendung, insoferne „sinnlose“ Gedanken in Überfülle zulässig und gefordert sind. Zumindest behauptet die Geschäftsleitung gerne, dass verschwenderische Gedanken gewollt sind, zeigt sich aber oft bissig, wenn der Prozess nicht gleich in umsetzbare Wege führt. Der Gedankensturm (brainstorm) sollte idealerweise gleich von Haus aus in einem regulierten Windkanal stattfinden. Jedes Unternehmen liebt Verschwendung meist bloß als Bringschuld der KonsumentInnen. Im Innenleben herrscht Effizienz. Schade, denn Verschwendung wäre manchmal durchaus effektiv.

Ein Kommentar zu “Verschwendung”

  1. Herrlich gelunger Artikel. Ich hatte gerade vor, Ähnliches auf meinem Blog zu schreiben, da hier in einem Kommentar das Them Lebenmittelverschwendung angesprochen wurde. Und das im Kontext eines Brandbriefes, den ein Bürger zu seinem Austritt aus den Tafeln schriebe. In meinen Augen ist das, was wir mit Hartz IV anstelle eine bedingungslosen Grundeinkommens machen, Verschwendung unserer Potentials des Einbringens in die Gesellschaft. Es ist so viel zu tun, in unserer Gesellschaft, nur wird dafür nichts gezahlt (eigentlich: nur zahlen wir Souverän uns nichts …). Welche Verschwendung, oder?
    http://faszinationmensch.wordpress.com/2012/04/13/die-tafeln-betreffend-weil-mein-gewissen-es-mir-befiehlt-offener-brief/
    VG Martin Bartonitz