Pioneers of Change

„Pioneers of Change“, ein einjähriger Lern- und Werdegang für AkteurInnen des Wandels, wurde im Februar 2010 in Österreich gestartet. Nach einer Idee von Martin Kirchner und Sylvia Brenzel, plenum GmbH, arbeiten derzeit um die 20 junge und jung gebliebene Menschen daran, ihre eigene konkrete Projektidee oder Organisation für eine nachhaltigere, friedvollere Welt aufzubauen. Mit Herz, Hirn und Hand begeben sie sich in ein intensives Entwicklungsjahr mit Seminarmodulen, Unterstützungstagen, individuellem Coaching und Fachberatung. Ganzheitliches Werden ist genauso wichtig wie praktisches Lernen. Ein Bericht von Veronika Victoria Lamprecht.

Der Artikel steht auch als druckfreundliches PDF bereit: pioneers

Der Name sagt es: Pioniere treffen sich, arbeiten an ihren Visionen, Ideen, Projekte mit der Absicht innerhalb dieses einen Jahres gemeinsam mit erfahrenen Begleiter und Begleiterinnen durchzustarten. Junge Menschen voll Kraft und Initiative tanken Mut und Unterstützung durch die Plattform „Pioneers of Change“. Welche Projekte, Persönlichkeiten, Kompetenzen reifen da heran? Dazu lerne ich die TeilnehmerInnen am besten persönlich kennen und nehme im neu eröffneten HUB, Lindengasse 56 in Wien, an der ersten „Extrarunde“ teil: Thema „Social Businessplan“. Im HUB auch deshalb, weil die beiden Initiatoren von HUB das Thema „Social Business“ – als GmbH – bereits praktisch umsetzen. Übrigens: Bei der Eröffnung von HUB im Mai kam spontan Mikrokredit-Pioneer Mohammed Yunus, Gründer der Grameen Bank, vorbei. Wohl ein mächtiges Zeichen für die engagierten Jungunternehmer!

Der Raum ist beeindruckend: ein riesiges Loft, geschmackvoll einfach restauriert mit cremeweißen Stoffen, Wänden, Holzböden und einer hippen Küche im Zentrum. Kreativ aufgeteilt, einladend, weit. Ich sitze mit den jungen Leuten im Kreis, der Plan des Abends wird vorgestellt, von einer der Anwesenden kritisch in Frage gestellt, von der Leiterin abgeändert, dann gemeinsam neu gestartet: in der ersten Runde erzählen sie vom Stand ihres Projektes. Entwaffnend offen. Ungeschminkt ehrlich.

„Martin und ich eröffnen den Tag mit der Council-Methode“, erklärt Sylvia Brenzel, „das ermöglicht offen hinzuhören, was da ist. Dies wird aufgegriffen und in das geplante Programm eingebaut. Lernen am Leben – die Lebenswirklichkeit der Pioneers steht im Zentrum. Ihre Projekte und das persönliche Wachsen an den Projekten. Wir legen ganz großen Wert auf wertschätzende Atmosphäre, die partizipative Gestaltung des Lernens, emergierendes Zulassen, Schwarmintelligenz.“

Einer der Trainer trägt das Thema „Businessplan“ vor. Kritische Stimmen melden sich. Um eine optimale Diskussion zu ermöglichen, bietet einer der Teilnehmenden an, das Thema mit der Methode der gewaltfreien Kommunikation zu besprechen. Der junge Mann schlüpft in die Rolle des Moderators und leitete kompetent ein konstruktives offenes Gespräch. Die strikte Trennung zwischen TrainerIn und Teilnehmenden ist plötzlich aufgehoben, es kommt zu Wechselspielen. Die eigene Vielfalt kann unmittelbar eingebracht werden. Die persönliche Einzigartigkeit wird gefördert und gefordert, Kräfte gebündelt – im wertschätzenden System der Gruppe. Ein Erfahrung- und Lernfeld, in dem auch Widerstände erwünscht sind.

Aus meiner Beobachtung zeigen sich drei herausragende Kompetenzen bei den Pioneers of Change:

Kompetenz 1: Selbst- und Sozialkompetenz

Die Projekte der PionierInnen werden getragen von einer hohen Selbst- und Sozialkompetenz.  Verbunden mit Verantwortungsbewusstsein und Verantwortungsfreude einer lebenswerten Welt gegenüber. Die Initiativen reichen vom „Masterstudium für selbst ermächtigendes Lernen“, über einen realen „Schul- und Ideengarten“ für Umweltbildung und Naturerfahrung und die Entwicklung eines effizienten Antriebssystems durch Windenergie für Schiffe. Das „Bewegungszentrum“ bietet Infrastruktur für den sozialen Wandel, ein Institut für ganzheitliche Politik wird geschaffen und Einkommensschaffende Maßnahmen für MigrantInnen unterstützt. Ein öko/faires Modelabel wird entwickelt und der Verein „saving the world by dinner“ bietet Anknüpfungspunkte für nachhaltige wohlschmeckende Unternehmenskooperationen. Eine vollständige Liste ist auf der Homepage zu finden (www.pioneersofchange.at)

Valentin ist bereits seit einigen Jahren selbstständiger Berater für ethisch-ökologische Geldanlagen. Er hat festgestellt, dass Frauen sich mehr für nachhaltiges Investment interessieren als Männer. Als pioneer of change überprüft er in Zusammenarbeit mit zwei Forschungsinstituten dies in einer Studie. Seine Annahme ist, dass Frauen eine Pionierinnen-Rolle in den Nachhaltigkeitsprozessen der Wirtschaft und im speziellen im Finanzbereich haben.

Kompetenz 2: Wissen zusammen bringen

Thomas will mit seinem Videoaktionismus die großen Probleme der Welt aufnehmen und lokale Lösungen zeigen. Die Videos werden dann großzügig ins Netz gestellt. Er wird immer in Teams arbeiten – das Prinzip der Schwarmintelligenz und wie es genützt werden kann, erlebt er in diesem Lerngang.

Kompetenz 3: Krisentauglichkeit

Jede Krise wird als Chance gesehen. Mit den KollegInnen werden gemeinsam neue Lösungen gefunden. Diese werden dann auch von allen aktiv mitgetragen. Zusätzlich gibt es Unterstützungsgruppen, in denen aktuelle Schwierigkeiten gemeinsam gelöst werden.

Mit Freude und Motivation kann der Erfolg sich wieder einstellen.

MutmacherInnen erzählen in den Lerngängen auch von ihrem Scheitern. Die jungen Leute erfahren am „lebenden Objekt“, wo und welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt. Es wird angeregt, Prototypen zu gestalten. Gleich mal ins Tun zu gehen, erste Schritte schnell umzusetzen, daran weiter wachsen und eine Reife zu erlangen. „Trial and Error“, anstatt ein Pilotprojekt am Schreibtisch zu konzipieren und an den realen Bedürfnissen vorbei zu schwitzen.

Folgende konkrete Schritte für nachhaltigen Esprit und Erfolg werden angeboten:

  1. Stärkung der Selbstkompetenz. Auf die Balance von Körper-Geist-Seele, Herz – Hirn – Hand wird großer Wert gelegt, als Basis allen Wirkens. Den gesamten Lerngang durch werden die Leute regelmäßig gefordert sich selber zu reflektieren, auch was ihre persönlichen Energien und Ressourcen betrifft.
  2. Vermittlung von Erfahrungswissen. Es gibt inhaltliche Impulse, die in Dialogen und Gruppenarbeit persönlich und praktisch vertieft werden.
  3. Persönliche Beratung und Begleitung. Jedes Projekt bekommt individuelle Beratung zb. zur Entwicklung eines maßgeschneiderten Finanzierungsmodells.
  4. MutmacherInnen persönlich kennen lernen. In Kamingesprächen erzählen weise Frauen und Männer aus ihren Erfolgen und Misserfolgen, zb. Freda Meissner Blau. Das ermächtigt nachhaltig und bietet tragfähige konkrete Netzwerke an.
  5. Unterstützungsgruppen. Gemeinsam die Wege von der Idee zum fertigen Projekt, Unternehmen, gehen
  6. Langfristige Verbindungen. Ein follow ship network wird gebildet, das auch nach diesem Intensivjahr eine kraftvolle Unterstützung sein will.
  7. Private Netzwerke und persönliche Beziehungen. Freundschaften bilden sich und begleiten über den Lerngang hinaus.
  8. Internationale Netzwerke. Verbindungen mit ähnlichen Anliegen werden angeboten, um weltweit Arbeitsgemeinschaften für größere und langfristige Projekte zu gestalten

>> Hier ist die Website der Pioneers [www.pioneersofchange.at]

Ein Kommentar zu “Pioneers of Change”

  1. Rüdiger Seidel sagt:

    Das wertschätzende Miteinander, Zuhören, das Wesentliche herausarbeiten, Teamfähigkeit, Selbstvertrauen sind wichtige Elemente für eine Gesellschaft.