Bücher kompostieren

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Platons Abhandlungen über den Eros mögen sinnlich sein, das Druckwerk an sich ist Sondermüll. Druckfarben sind Chemie und giftig. Bisher! Plötzlich geht es auch anders. Die Druckerei gugler in Melk hat das Drucken völlig neu erfunden. Ab sofort kann man Bücher, Zeitschriften und Prospekte auch kompostieren und die Tomaten im Garten sagen Danke. Text: Harald Koisser

Beim Altpapierrecycling wird der Zellstoff wiederverwertet, Druckfarben und Füllstoffe im Papier hingegen bleiben nach dem sogenannten De-Inking als toxischer Schlamm zurück. Machen wir uns nichts vor: Recycling von Papier ist wichtig und die Österreicher sind Europameister im Papiersammeln. Doch es erzeugt Sondermüll. Jede Zeitung, jedes Buch, jeder Foliant – ein Umweltrisiko. Welch schmerzhafter Gedanke. Da liest man die Memoiren des Casanova, die Poeme der Sappho, Platons wunderbare Abhandlungen über den Eros oder sinnliche, vor Sexualität strotzende, arabische Liebesgedichte, man gibt sich also der literarischen Sinnlichkeit hin – und muss hinnehmen, dass die Verpackung dieser Wonneworte giftig ist.

Da kann man nun trefflich über die Schattenseiten des Eros und die Geschwisterschaft mit Thanatos philosophieren. Ich möchte das Ganze aber auf eine sehr irdische, materielle Ebene holen und daher Fragen der Druckerei gugler aus Melk anschließen: „Wäre es nicht schön, wenn man Kochbücher bedenkenlos verspeisen könnte? Wäre es nicht schön, wenn sich Gartenratgeber in Blumenerde verwandeln könnten?“ In aller Klarheit: wäre es nicht schön, wenn Bücher und Zeitschriften kein Sondermüll wären. Wenn man das Kochbuch einfach kompostieren könnte? Stellen Sie sich vor, Sie ackern die Zeitungen, die Sie abonniert haben, als Dünger in ihre Balkonkistchen ein und die Rosen und Paradeiser freuen sich.

Schluss mit purem Vorstellen. Es kann genau so sein. Denn gugler hat – und das ist nichts weniger als eine Weltneuheit – den Druckvorgang revolutioniert. Ausschließlich natürliche Druckfarben! Keine Chemie, kein Sondermüll. Im Gegenteil: außer den kleinen Metallklammern, welche die Seiten so brav zusammenhalten, ist das ganze Druckwerk ein rein natürliches Produkt und somit kompostierbar.

Viele Hersteller bemühen sich ja, ihre Produkte zu optimieren, um einen kleineren „Fußabdruck“ zu hinterlassen. Bei allem Bemühen ist klar, dass ein verringertes Problem immer noch ein Problem ist! Es wird einzig die Geschwindigkeit gedrosselt, mit der die Ressourcen verschwinden und die Abfallberge wachsen. Was gugler gemacht hat, ist Revolution im besten Sinn: ein Umwälzen (re-voltare) des Bisherigen. Nicht ein bisschen weniger, sondern ganz anders.

Genau darum geht es heutzutage. Nicht ein bisschen weniger, sondern anders! Viele aufgeklärte Geister, welche das Desaster menschlichen Tuns erkennen, neigen ja zu Selbstdemütigung. Wir schlechten Menschen! Wir werden schon sehen, was wir von uns haben. Am besten wäre es ja ohnehin, wir würden von diesem Planenten verschwinden, usw. Aber Lösungen wie die von gugler zeigen, dass wir auch anders können. Wir müssen uns nicht ducken und ein bisschen weniger von Böse machen. Wir können uns auch aufrichten und Gutes tun. Fußabdruck? Die Gugler-Produkte haben keinen Fußabdruck. Sie gehen ein in den natürlichen Kreislauf. Sie sind kein Abfall, sondern Nährstoff. Diese Einheit mit der Natur ist der höchste Grad an Sinnlichkeit und Sinnhaftigkeit, den wir anstreben können.

Und da sind wir auch wieder beim Eros. Ernst Gugler hat so viel Zeit und Geld in dieses bionische Verfahren investiert, weil er es tun musste! Es brannte in ihm. Er will – und das unterstelle ich Herrn Gugler jetzt einfach – sinnlich und sinnvoll leben.

Wir alle wollen das. Wir tun es nur nicht, weil wir glauben, es geht nicht, oder gar: man darf nicht. Niemand muss ein Pionier der „neuen Welt“ sein. Es genügt schon, wenn wir sie annehmen, sobald sie sich wie im Cradle-to-Cradle-Druckverfahren von gugler offenbart.

Wollen wir Geiz, weil er angeblich geil ist, oder Sinnlichkeit und Sinnhaftigkeit?

www.gugler.at

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