GAIA :: Zeit des Loslassens

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Gaia ist der Name der personifizierten Erde. Veronika Lamprecht erzählt,
was gerade in der Natur passiert und was das für uns bedeuten könnte.

Im Kreis des Naturjahres befinden wir uns um den 21. Dezember an einem der zwei Wendepunkte im Jahr, der Wintersonnwende. Der kürzeste Tag und die längste Nacht des Jahres bringen die größtmögliche Dunkelheit. Das Tageslicht nimmt heuer in Mitteleuropa bis zum 22. Dez. um 6:30 Uhr ab – um ab diesem Punkt wieder zuzunehmen. Ganz langsam, die ersten Wochen kaum merkbar, wird die Sonneneinstrahlungs-zeit auf der Erde wieder mehr.

Was heißt das für uns Menschen?
Wir sind diesen Naturrhythmen mehr ausgeliefert, als wir wahrhaben wollen. Die meisten Menschen haben um diese Zeit das Bedürfnis nach mehr Ruhe, Rückzug und Schlaf. Da wir uns ein System erschaffen haben, das dem nicht Rechnung trägt – ja, sogar durch Jahresabschlüsse, Weihnachts- und Neujahrsverpflichtungen noch zusätzliche Arbeiten aufbürdet, kippen die meisten Immunsysteme dann spätestens im Jänner, Feber zusammen – und die Grippeviren feiern Hochsaison. 80 % der Menschen haben bis vor ca. 200 Jahren von und mit der Landwirtschaft gelebt und ihr Rhyth-mus war dem natürlichen Licht angepasst, jahrtausende alte gespeicherte Lebens-erfahrung im körperlichen Biorhythmus jedes Menschen. Die Traditionelle Chine-sische Medizin berücksichtigt diese evolutionär geprägten Erfahrungen und weiß darum, dass im Winter das menschliche Immunsystem einen „Winterschlaf einlegt“, sich also zurückzieht, „zurückfährt“. Aktuelle Studien bestätigen ebenfalls, dass Schlaf die natürlichste und größte Regenerations- und Heilquelle ist und das Immunsystem stärkt.

„Dafür haben wir keine Zeit!“
Jedes Unternehmen verliert durch zuwenig Entschleunigungs- und Erholungsphasen – und nicht wie umgegehrt argumentiert wird: „dafür haben wir keine Zeit!“ Wer dafür keine Zeit hat, hat bald keine wirklich kreativen leistungsfreudigen Mitarbei-ter/innen mehr. Ein kluges Management kann ganzheitliche Zusammenhänge erkennen und darauf reagieren. Folgende Fragen können Anregung sein:

Was kann um diese Zeit losgelassen werden?
Welche Aufgaben, Termine können genauso gut auch im Jänner, Feber erledigt werden? Aus welchen Gründen muss der Jahresabschluss am 31.12. liegen? Welche Alltagsrituale gibt es im Unternehmen? Zeiten, in denen der Augenblick, ein Anlass gewürdigt wird? Wie kann Verlangsamung im Prozess, im Projekt entstehen? Entschleunigung? Stille-Zeiten? Das Gesammelte ruhen lassen?

Wie kann das Tagesgeschäft entschleunigt werden?
Harald Koisser, Stille-Buch-Autor, stellte ein einem seiner Stille-Workshops den An-gestellten folgende Frage: „Wie kann Stille ein leistungsstärkendes Element für das Tagesgeschäft und in der Folge für die Unternehmensentwicklung werden?“ Das Team befasste sich kreativ mit dieser Frage und erfand einen „Stille-Tag“ pro Woche für jede/n Mitarbeiter/in! Jede Person hat einen Tag, an dem sie keine Mails beantworten oder das Telefon abheben (an internen Meetings teilnehmen) muss und sich ganz auf die eigene Arbeit konzentrieren kann. Ein erster Schritt, aus dem erschöpfenden Hamsterrad auszusteigen!

Aus dem Loslassen, Entschleunigen, Innehalten wächst der Neubeginn, die neue Vision. „Alles Leben wird aus der Dunkelheit geboren.“ Das gilt nicht nur für Sterne, die aus der „Dunklen Materie, dem Chaosraum“ entstehen wie für Menschen, die im Mutterbauch heranwachsen – sondern auf für Projekte und Unternehmensideen.
Claus Otto Scharmer ermutigt in seinem Buch „Theorie U. Von der Zukunft her führen“: „Wir sind viel zu sehr reaktiv tätig und zuwenig reflektiv. Wichtig ist immer wieder hinzuspüren, hinzusehen auf unsere Denk- und Verhaltensmuster. Loslassen, Innehalten ermöglicht Veränderung und neue Bilder in mir zu erschaffen. Wie halte ich an Altem, Überholten fest, verhinderte damit das Neue, die Weiterentwicklung? Ohne Sterben kann es keine nachhaltige Weiterentwicklung geben. Und dazu braucht es den Mut und den Willen das Vertraute loszulassen sich rein tragen Lassen in eine Sache, ohne genau zu wissen, wie und wann was dabei heraus kommen wird.“

Die besten Ideen entstehen, wenn wir grad nicht an sie denken. Lassen wir los, damit das Neue kommen kann.

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