GAIA ruht

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GAIA oder GEA ist ein Name für Mutter Erde. Bekannt als griechische Mutter- und Todesgöttin, als älteste aller Gottheiten. Als eine, die das Leben bringt und nährt und auch wieder zurück nimmt. Damit es sich erneuern kann, wie die Natur es seit mehr als 3,5 Mrd Jahren macht. In dieser Rubrik wird versucht aus ihrer Perspektive und Weisheit unser Wirtschaften und Leben wahrzunehmen. Text von Veronika Victoria Lamprecht

Im Winter ist GAIA die schwarze Göttin, die nach innen an unseren tiefsten dunkelsten Punkt, den verborgenen Kräften, Talenten, Fähigkeiten führt, unsere Vorstellungen, Absichten, Konzepte, Illusionen radikal prüft und neue Visionen, die gutes Leben für alle ermöglichten, ans Licht bringen will.

Warum von Gaia und ihren Rhythmen und Naturjahreszyklen lernen?

Weil es das anpassungsfähigste, ko-operativste, nachhaltigste, vielfältigste und somit intelligenteste System unserer Welt ist. Die Natur ist die perfekte Organisation. Und das seit 3,5 Milliarden Jahren, der Zeitraum der gemeinsamen evolutionären Entwicklung von Pflanzen, Tieren, Menschen. Und sie verändert, entfaltet, erneuert und optimiert sich weiterhin täglich.

Fortschritt und Entwicklung der menschlichen Gesellschaft entsprechen nicht mehr dem Werden der Natur, sondern werden oft genug gegen den Widerstand der Natur durchgesetzt. Die lineare Zeitlinie auf der alles eingetragen und gemessen werden kann, trat an die Stelle der natürlichen Rhythmen Tag – Nacht, Sommer – Winter, Kindheit – Jugend – Alter. Es regiert die Zeitlinie der Ziele und Zwecke.

Karl-Henrik Robèrt, Arzt, ist einer von Schwedens führenden Krebsforschern und eine zentrale Figur der weltweiten Nachhaltigkeitsbewegung. Er gründete Natural Step, ein Netzwerk von WissenschafterInnen, das sich mit Systembedingungen für Nachhaltigkeit im Bereich Wirtschaft, Green Building und Gesundheitswesen beschäftigt. Er fordert ein Ende des linearen Denkens in modernen Gesellschaften, die zu unkontrollierbarer Umweltzerstörung führen und ein Lernen von den zyklischen Prozessen der Natur.

Wachstum in Zyklen – nach innen und nach außen und nach innen….

Jedes lebendige System entfaltet und erneuert sich im Zyklus, im zyklischen Prinzip. Es ist ständig in Bewegung, lernt optimal aus den Erfahrungen und integriert diese, um sich aus sich selber heraus zu erneuern und weiterzuentwickeln. Das Symbol dafür ist die Spirale. Ob als DNA-Strang, Teil unserer Zellen, an dem unsere Erbinformationen in einer Doppelhelix angeordnet sind, das spiralförmig fließende Blut in unseren Adern oder in den spiralförmig kreisenden Planeten in unserem Sonnensystem – sie ermöglicht maximale Wirkung mit dem am geringsten möglichen Aufwand. Die Spirale ist das in der Natur am häufigsten vorkommende Symbol.

Winter

Es ist Mitte Dezember, wie einen weißen Vorhang zieht der eisige Wind Schnee von den Dächern und tanzt mit ihm eine Tarantella durch die Gassen und Straßen der Stadt. Weht beißend und lachend in die nackten Gesichter der dick eingepolsterten Menschen und darüber hinweg und hinaus. Zusätzlich zur Kälte wird es bis zum 21. Dezember immer dunkler: 15,5 Stunden Dunkelheit stehen 7,5 Stunden Tag gegenüber.

Unser Immunsystem wird mit dem weniger werdenden Licht schwächer, wir sind weniger leistungsfähig. Unsere Körperweisheit ist geprägt von Millionen Jahren, in denen es um diese Zeit um Rückzug und Ruhe ging. Bis vor gut 200 Jahren, vor dem Beginn der industriellen Revolution, arbeiteten 80 % der Menschen in und mit der Landwirtschaft und waren fest eingebunden in die natürlichen Rhythmen. Das sitzt uns tiefer in den Knochen, als wir wahrhaben wollen. Die Jänner-Grippe erinnert uns daran, dass wir uns wieder mal überfordert und gegen die natürlichen Kräfte gegangen sind.

Am Wendepunkt herrscht Stille

Am 21. Dezember ist ein Wendepunkt. Wintersonnwende. Dieser Zyklus wiederholt sich in der Natur, im Universum und in uns Menschen. Ständig. Die Fülle kommt aus der Dunkelheit. Zuerst tauchen wir in die innere Fülle ein – und darauf folgt die äußere. Alles passiert im gesellschaftlichen Kontext.
Die längste Nacht und der kürzeste Tag im Jahr wirken auf uns. Drei Tage lang scheint die Zeit still zu stehen, die Sonne geht beinahe am selben Punkt auf – bis das Neue Licht in der Nacht vom 24. auf den 25. von den Urmüttern der Welt neu auf unsere Erde geboren wird. „Modranight“ = „Mutternacht“ ist der ursprüngliche Name für die heilige Nacht. Es beginnt mythologisch und energetisch gesehen eine Zeit zwischen den Zeiten, die Rauhnächte = Rauchnächte, die am 6. Jänner, dem Perchtentag, ihren Höhepunkt und Abschluss finden.
In dieser Zeit war jede Tätigkeit, die über das notwendigste hinausging, verboten. Wer sich nicht dran hielt, wurde von der Percht heimgesucht, die wie eine listige Alte Unordnung, Zerstörung, Verwirrung ins Getriebe brachte. Sie zwingt uns sozusagen dazu auf die inneren Prozesse aufmerksam zu sein und sich nicht von Äußerlichkeiten ablenken zu lassen.

„In den Rauhnächten ist der Himmel offen“ sagen die alten Leute im Mühlviertel. „Die Erdekräfte sind um diese Zeit besonders intensiv“, sagt die Geomantie, die sich mit dem „inneren Wissen der Erde“ beschäftigt. Zeit also um die eigenen tief liegenden Bedürfnisse, Wünsche und Sehnsüchte in der Stille und Ruhe auftauchen zu lassen, zu sehen und mit den offenen Erd- und Himmelskräften in die Entfaltung zu wünschen. Und ausreichend zu schlafen. Schlaf ist die natürlichste und größte Regeneration- und Heilquelle, Krafttankstelle, die wir haben. Zuwenig Schlaf schwächt das Immunsystem, das im Winter sowieso schon langsamer arbeitet, weil der Körper wegen des wenigen Lichtes auf Rückzug geschaltet hat.

Stille als Führungsinstrument

„Wir sind viel zu sehr reaktiv tätig und zuwenig reflektiv“, sagt Claus Otto Scharmer in seinem Buch „Theorie U. Von der Zukunft her führen“ und ermutigt hinzuspüren, hinzusehen auf unsere Denk- und Verhaltensmuster. Innehalten ermöglicht Veränderung und neue Bilder in mir zu erschaffen.
Er empfiehlt, zuerst die inneren Muster, Annahmen zu erkennen, dann die eigene Rolle darin zu finden mit der Frage: „Wie halte ich an Altem, Überholtem fest und verhindere damit das Neue, die Weiterentwicklung?“ Ohne Sterben kann es keine nachhaltige Entwicklung geben. Und dann braucht es ein Öffnen des Willens zur Veränderung, ein Sich-reintragen-Lassen in eine Sache, ohne genau zu wissen, wie, dabei immer auf die innere Stimme hörend.

„Echten Wandel des Verhaltens und des sozialen Systems schaffen wir, in dem wir eine lernende Organisation entwickeln. Für nachhaltige Entwicklung brauchen wir ausreichend Zeit und Raum für Gespräch, Debatten, Dialog und Stille. Den rechten Augenblick erwarten, die passende Konstel-lation finden, die darüber geschlafene Nacht erlauben. Bis zu diesem Mo-ment, wo die Idee den Raum erfüllt. Oft dann, wenn wir es bleiben lassen wollen, wenn unser Denken an die Grenzen gestoßen ist und wir das „schaffen wollen“ losgelassen haben“, so Thomas Beck, Unternehmensberater mit dem Leitsatz „Stille führt. Wirtschaft der Freude.“

Nicht nur jede Person ist ein unerschöpfliches Kreativuniversum, wenn sie Zeit und Raum kriegt, dahin vordringen zu dürfen. Otto Scharmer geht soweit, dass er wissen will, ob auch der Ort des Unternehmens frei in seiner ganzen Kraft ist? Sind hier kreative Leistungen möglich oder blockiert dieser Ort eine Wandlung? Kann das Unternehmen, das Büro ein Quellort des Handelns sein? Intuitive Wahrnehmungen und Geomantische Analysen unterstützen in diesen Fragen.

„Alle großen Entdeckungen gehen aus einem inneren Weg hervor.“ –
W. Brian Arthur, Ökonom, Spieltheoretiker, Erforscher von „Komplexen adaptiven Systemen“

Alles Leben wird aus der Dunkelheit geboren

Fülle in der Dunkelheit Fülle liegt in der Dunkelheit: „Für unsere eigene Erneuerung ist immer ausreichend energetische und reale Fülle vorhanden, die einzige Begrenzung kommt aus dem, dass ich nicht in diese Tiefe gehe! Alle notwendigen Veränderungen, leichte oder schwere, werden vom Feld der unbegrenzten Fülle geführt. Im Dunklen verborgen liegen die größten Schätze des Lichtes. Fülle ist nicht primär im Materiellen zu suchen, obwohl sie sich natürlich synchron auch dort zeigt. Fülle ist Seelenfülle“ (Auszug aus dem mind. 2.500 Jahre alten Maya Kalender)
Alles Lebendige zieht sich zurück in seine Wurzeln, in seine Höhlen. Entblößt von der äußeren Fülle gibt die Natur den Blick frei auf Strukturen, Grenzen und Gesetzmäßigkeiten. Innenschau bringt uns in Kontakt mit der Kraft in uns, die uns dabei unterstützt, zu klären, wofür wir wirklich brennen, und unsere Ziele und Visionen entstehen zu lassen und dann umzusetzen.

„Dem aus sich Werdenden zu lauschen – dem Weg des Wesens in die Welt – wie will es verwirklicht werden?“ – Martin Buber

Mögliche Fragen zur Zeit

Wie kann Verlangsamung im Prozess, im Projekt entstehen? Entschleunigung? Stille-Zeiten? Das Gesammelte ruhen lassen? Einfach was ganz anderes zu tun?
Welche Alltagsrituale gibt es im Unternehmen? Zeiten, in denen der Augenblick, ein Anlass gewürdigt wird? Was ist der Spirit des Unternehmens?
Wird durch das Produkt und/oder das Projekt mehr Freude in die Welt kommen?
Lebe ich meine Berufung, meinen göttlichen Funken? Was brauche ich, damit das im Unternehmen möglich ist?
Wer hat Lust an einer neuen Idee mitzuarbeiten? Bei einem ersten Brainstorming dabei zu sein?
Zeigen wir unseren Kindern von der Wichtigkeit einer stillen Zeit „mit sich selbst“? Damit sie lernen mit den Anforderungen und dem Druck des täglichen Lebens umzugehen, ihm gemeinsam zu verwandeln?

„In der Stille völliger Inaktivität reift die Zukunft des Körpers heran“
Deepak Chopra

Aus der Stille wächst die neue Vision

Ab Anfang Jänner bereiten sich die Organismen ganz langsam in der Erde auf neues Wachstum vor; Anfang Feber nimmt dann das Licht deutlich zu. Die Kräfte und Säfte in der Erde beginnen langsam aktiver zu werden. Auch in uns wächst die Kraft des inneren Feuers, des Willens und bestimmt die Wachstumsausrichtung. Visionen tauchen von innen auf. Etwas völlig Neues, hervorgegangen aus dem Erfahrungsschatz des bisherigen und Inspirationen von unserem grenzenlosen Geist will entstehen. Niemand kann genau sagen, was es wird, wie lange es dauert – der Prozess darf offen und frei sein. Erst dadurch kann wirklich etwas ganz anderes entstehen und es wird nicht das Alte neu fortgesetzt. Radikale Tiefe ermöglicht Entwicklung und Erneuerung.
Bisher vertraute Visionsprozesse, die Bekanntes nehmen und neu zusammensetzen, greifen für wirkliche radikale Veränderungen zu kurz.

Neu werden

Nach der Stille beginnt die Energie mit den lichter werdenden Tagen aufzusteigen und Lust auf Handlungs-, Aktions- und Umsetzungsbeginn zeigt sich:
welche Vision, Idee, Kraft will in diesem Jahr in die Welt kommen? Was zeigt sich?
Wie können sie aus einem inneren Impuls, aus innerer Begeisterung heraus entstehen?
Wie schaffe ich einen klaren Geist, der offen und frei für Neues ist?
Wie werden Intuition, Kreativität und Talente gefördert?
Was braucht sie für Rahmenbedingungen, damit sie wachsen kann?

Mehr dazu im Seminarzyklus
„GAIA-Modell – Leadership by nature“, 2. Teil „Vision & Inspiration, mit den Kräften des Frühlings wirksam führen“ am 25. + 26. Feber im Biohotel Wagner, Semmering

„Wie absurd, sagte die Eintagsfliege, als sie das Wort WOCHE hörte.“

„Wenn wir wüssten, wie frei wir sind, würden wir platzen!“
(Kinofilm „Heimatklänge“, 2008)

„Wie würdest du handeln, wenn du frei von Angst wärst?“

„Und alles kann ich noch werden, was ich nicht geworden bin. Und zwischen Himmeln und Erden ist wieder Anbeginn.“
Eva Strittmatter

Auszug aus „Der Stadtschamane“

von Serge King:
Ja, wir müssen lernen, die Natur zu lieben und mit ihr zu kooperieren, aber vor allem müssen wir lernen, uns selbst zu lieben und mit uns selbst zu kooperieren. Wir besitzen das Wissen und die Technik, um ein Goldenes Zeitalter herbeizuführen, und zugleich besitzen wir Wissen und Technik, um uns selbst auszulöschen. Was auch immer wir tun, die Erde wird überleben. Sie wird sich vermutlich recht bald wieder beleben – so wie Farne schon emporschießen, nachdem erst kurz zuvor flüssige Lava und giftige Gase eines Vulkanausbruches ihr Vernichtungswerk vollbrachten. […] Die Erde wird sich nie gegen uns wenden. Die Gefahr kommt allein von uns. Aber auch die Lösung.

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