Kulturdesign

Michael Vogler ist Kulturdesigner. Er erklärt, warum es gerade jetzt „Kulturdesign“ braucht, warum es Quatsch ist, sich als Berater von den Sorgen anderer abgrenzen zu wollen und wie man ein guter Bergführer ist

Du bist ein etwas ungewöhnlicher Unternehmensberater. Das beginnt schon damit, dass Du den Begriff „Unternehmensberater“ nicht magst.

Ich bin kein Unternehmensberater, der mit betriebswirtschaftlichen Zahlen und Strategien agiert. Sondern einer, der sich zuständig fühlt für ein starkes Miteinander in Organisationen, für Loyalität, Freude, Begeisterung.

Ist das eine Jobdiscription, die du schon einmal bekommen hast: „Sorgen sie für Begeisterung. Sorgen sie für Miteinander!“

Ja.

D.h. die Unternehmen wissen, dass es hier einen Mangel gibt, ein Vakuum, ein Begeisterungsvakuum. Das sie womöglich selbst verursacht haben und da kommen sie wahrscheinlich alleine nicht raus.

Sagen wir so, es gibt immer mehr Unternehmen, in denen kluge Führungskräfte sitzen, die zumindest diesen Zusammenhang einmal verstehen. Dahinter lauert ja auch noch die demographische Entwicklung, die wir haben, d.h. wir haben viel zu wenig junge Leute. Bei einem deutschen Bevölkerungsstatistiker habe ich einmal gehört, dass heute die beste Zeit ist für junge Leute, Kinder zu haben, denn wenn diese einigermaßen interessiert sind, ist der Job später garantiert.

Hm, so eine Zeit ist lange her.

So eine Situation hatte man das letzte Mal nach der großen Pest Anfang des 14. Jahrhunderts. Da hat es den Sommer durchgeregnet, das Getreide ist am Halm verfault, das nächste Jahr wieder und das dritte Jahr auch wieder. Das ganze Sozialsystem ist zerfallen, die ganzen Wege waren nur Schlamm und Moder. Und dann ist die große Pest gekommen und als die vorbei war, waren 50% der europäischen Bevölkerung verschwunden. Das Interessante in unserem Zusammenhang ist, dass die Wohlhabenden die Städte verlassen haben, auf Landgüter, irgendwohin geflohen sind, wo keine Pest war, und die haben ganz gut überlebt.

Irgendwie paradox. Alle streben in die Städte, aber wenn eine Krise kommt, ist man am Land besser aufgehoben.

Und dann ist die Krise vorbei und die Müller, Tuchhändler, Handwerker, Schmiede kommen alle wieder zurück und machen ihre Betriebe wieder auf und – oje, es gibt Aufträge, aber ein Großteil der Arbeiter ist gestorben, die Gesellen sind nicht mehr da. Jetzt kommt es zu einer Umkehrung in der Wirtschaft. Die Arbeiter haben sich aussuchen können wo sie arbeiten und sie haben Löhne in astronomischen Höhen bekommen. Vorher waren zu viel Arbeiter da und da war es durchaus üblich, einen Lehrbuben auch zu prügeln. Nach der großen Pest hätte das niemand mehr gewagt. Da war man froh, überhaupt einen Lehrbuben zu haben. Es hat sich ein ganz anderes Sozialsystem entwickelt.

Und das ist nun die Analogie zu heute?

Wir haben heute wieder zu wenig Arbeitskräfte für den vorhandenen Bedarf. Der Markt verändert sich von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitsplätzemarkt. Jetzt bekommen die ersten Unternehmen schon sehr massive Probleme. Und wenn ich als Unternehmen heute keinen guten Ruf habe, dann wird keiner kommen. Denn die Jungen können es sich immer besser aussuchen, wo sie arbeiten wollen. Man kann ja einfach einmal bei den jungen Menschen herumfragen – die sind nicht mehr gewillt, für viel Geld zu arbeiten oder für irgendwelche Imponiergüter. Die Jungen wollen dorthin, wo das Miteinander passt.

Und wo das Leben Sinn macht.  

Ja, natürlich. Ohne das wird es nicht gehen. Und dieses positive Klima ist eine Bringschuld des Unternehmens. Bisher hat man es so gesehen, dass die Motivation eine Bringschuld des Arbeitnehmers ist.

Was aber nie wirklich gestimmt hat.

Aber man hat es so gesehen. Es gibt eine unausgesprochene neoliberale Regel, die jetzt obsolet wird: unter neoliberalen Vorstellungen ist es egal, ob die Leute kaputt gehen, denn wenn Leute kaputt gehen, stehen  draußen vor der Tür schon ein paar andere und die wollen ja auch Arbeit. Man hat die Arbeit automatisiert, man hat die Jobbeschreibungen standardisiert und hat geglaubt, dass man damit auch die Leistung standardisieren kann. Das ist ein protoreligiöser Glaube. Mir hat ein Volkswirt einmal gesagt, dass Wirtschaftstheorien in Wahrheit immer so etwas wie Religionssysteme sind. Der Glaube an die Wahrheit einer Theorie spielt in den Wirtschaftswissenschaften eine eminent wichtige Rolle.

Und all das hat dich jetzt veranlasst, ein Unternehmen zu gründen mit dem Titel „kulturdesign“. Was ist Kulturdesign? Warum jetzt mit diesem Titel?

Ich habe das ganze Hire-and-fire immer sehr schlecht ertragen. In den 90iger Jahren hat es in meiner Branche ein Axiom gegeben: „Du musst dich abgrenzen!“ Und, lange Zeit habe ich mich für nicht geeignet für diesen Beruf gehalten, weil ich mich nicht abgrenzen konnte. Ich bin dann durch Zufall in eine Runde von Psychotherapeuten gekommen und habe gefragt: wie macht ihr denn das mit dem Abgrenzen? Und die Antwort war für mich wie eine Befreiung! Die Antwort war: „gar nicht. Wenn du dich abgrenzt, dann hast du auch keinen Bezug zu dem Problem von anderen Menschen!“

Abgrenzen heißt ja auch nicht, teilnahmslos sein, sondern einfach:  nicht mitleiden. Mitleid ist die falsche Form der Präsenz.    

Die Forderung damals war: du darfst nicht mitfühlen! Und das geht nicht, denn dann kannst du keine Wirkung erzielen. In der letzten Zeit haben sich die Verhältnisse in der Wirtschaft sehr stark verschoben, zunächst einmal mehr zum Schlechteren. Die Menschen haben immer mehr gelitten und ich wollte da nicht mehr zuschauen. Ich habe festgestellt, dass es in Wirklichkeit nicht genügt, auf das reine Verhalten zu schauen, wie es die klassischen Trainings tun. Verhaltenstraining, Konflikttraining, Kommunikationstraining, wo man alle Regeln der Kommunikation lernt usw. Das hilft überhaupt nicht. Die klassische Beratung wiederum schraubt an den Strukturen herum, aber mit der Veränderung von Strukturen beseitige ich kein Problem, das auf der Ebene der Haltungen liegt. Und damit habe ich das Wort schon gesagt – es geht um die Haltung! Fühlen wir uns als Opfer? Oder haben wir Spaß miteinander – das sind Haltungen. Freuen wir uns aufeinander, oder hassen wir uns und konkurrieren wir uns gegenseitig nieder?

Ich sehe meine Arbeit darin, dass wir Organisationen helfen, ein starkes Miteinander zu entwickeln und zu erhalten.

Max Weber hat gesagt: Jede Kultur wird durch Werte konstituiert. D.h. eigentlich beschreibst du eine Wertearbeit. Es ist also Wertearbeit zu leisten.

Richtig.

Wenn Max Weber recht hat, dann gibt es immer ein Wertesystem, es gibt niemals kein Wertesystem. D.h. wenn Unternehmen kommen und so etwas wie Kulturdesign wünschen, dann wünschen sie eigentlich eine Korrektur in ihrem Wertesystem.

Die Führungskräfte spüren, irgendetwas funktioniert nicht, oder es wäre mehr drin, oder mir geht es schlecht, oder die Führungskraft merkt: oje, die Leute hören nicht mehr auf mich. Oder ich bin als  Führungskraft nahe am Burnout. Irgend so ein Alarmzeichen ist der Auslöser für Veränderungswillen!

Jetzt ist so eine Art von Kulturarbeit ja nicht neu, man weiß ja seit geraumer Zeit, dass es so etwas wie Unternehmenskultur gibt und die Arbeit an der Unternehmenskultur gehört zum klassischen Profil eines Unternehmensberaters dazu. Was ist jetzt neu an „Kulturdesign“? Ist etwas neu? 

Jeder kann „Unternehmenskultur“ schreiben, aber nicht jeder weiß, was es bedeutet. Und in Wirklichkeit ist Unternehmenskultur, oder überhaupt Kultur, ein Set an Werten, wo drinnen steht, was wir gemeinsam für richtig und falsch halten; wo die Tabus sind, wo die „Musts“ sind bis hin zur Kleidung. Hinzu kommen beispielsweise auch Sprachregeln, Vorstellungen darüber, wie wir hier arbeiten, wie wir bei der Arbeit angehen, usw.

Ich kenne ein Unternehmen, da arbeiten die Leute nicht wahnsinnig viel, aber die Kultur verlangt von ihnen, dass sie ständig hektisch sind. Der Output ist gering, aber es herrscht eine unglaubliche Betriebsamkeit. Dahinter stehen Werthaltungen.

Wir hatten einmal in einem Unternehmen eine spannende Aufgabe. Die Werkmeister haben unglaubliche Mengen an Überstunden gemacht. Da hat man ihnen gesagt, wir zahlen euch die nicht mehr. Man hat sie darauf hingewiesen, dass ihre Ehen den Bach runtergehen würden – was auch geschah. Die Werkmeister blieben vollkommen uneinsichtig. Am Wochenende sind sie trotzdem gekommen. Die haben keinen Urlaub gemacht und sind bis 10 Uhr am Abend geblieben.

Wir haben uns das angeschaut. Warum machen die das? Wir haben dann nachgesehen, an welchen Werten sie sich orientieren und haben entdeckt, dass ganz früher einmal, zwei Generationen vorher, ein Meister als gut gegolten hat, dem man viel Arbeit gegeben hat. Der hat dann Überstunden machen müssen, damit er die Arbeit auch bewältigen konnte. Und einem Meister, der tachiniert hat oder viele Fehlerraten hatte, dem hat man nicht so gerne Arbeit gegeben, der war dann auch schneller zu Hause. Daraus ist die Regel gewachsen: gute Leute erkennt man daran, dass sie viel und lange arbeiten und viele Überstunden haben.

Natürlich haben sich Arbeit und Technologie in dem Unternehmen längst drastisch verändert. Das ist alles nicht mehr so wie früher einmal, es hat auch jeder seinen Spezialbereich. Da kann nicht jeder einfach die Arbeit von jemand anderem machen. Aber diese Regel hat sich in den Köpfen gehalten, obwohl sie ihre Grundlage schon lange verloren hat.

Die Leute sind sich dieser Regel sicher nicht bewusst gewesen.   

Nein, natürlich nicht! Das hat eine numinose Qualität, das steckt in den Köpfen drinnen. In den Überstunden haben die übrigens gar nicht wirklich gearbeitet! Sie haben es sich unter Tags leicht gemacht, damit sie in der Nacht arbeiten konnten. Völlig verrückt war das, aber man kann daran gut erkennen, welche Macht solchen verdeckten Werthaltungen zukommt.

Das hat einen Symbolwert gehabt

Werthaltungen, die so tief drinnen sitzen, führen zu vollkommen disparatem Verhalten. Und die Leute haben das Gefühl, dass es nicht anders geht. Die können keine Alternativen denken.

Das ist das Wesen von Glaubenssätzen.

„Der beste Meister hat die meisten Überstunden.“ Das ist ein toller Glaubenssatz und wird später nicht mehr hinterfragt. Da haben wir die Werthaltung. Und man muss solche Werte ändern und damit die Kultur.

Wie werden neue Werte angenommen. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass man das annimmt! 

Soll ich wirklich alles auspacken?

Wir können es ja dann auch streichen; Geheimnis verraten tun wir nicht.

So eine Veränderung funktioniert nicht, wenn jemand sagt: „Das müsst ihr jetzt machen“, sondern nur dann, wenn das Gefühl entsteht, wir haben das selber gemacht.

Das ist aber eine sehr subtile Arbeit, die man mit den klassischen Tools der Unternehmensberater nicht vergleichen kannjetzt verstehe ich auch deine Ressentiments gegen den Begriff „Unternehmensberater“.

Angenommen wir beschließen als ungeübte Alpinisten, wir gehen auf den Großglockner. Da ist Schnee und es kann eine harte Tour werden, mit Lawinen und Eis. Deshalb nehmen wir uns einen Bergführer. Was wird der machen? Er wird auf den ersten paar hundert Metern der Tour zuerst  einmal schauen, wie jeder zu Fuß ist. Wie sind die  Bewegungsabläufe, was für ein Tempo müssen wir gehen. Nach diesen Beobachtungen wird er das Tempo einrichten und auch das, was er sagt. Und er wird allen Mut machen und helfen wo es geht.

Und dann nähern wir uns dem Gipfel. Jeder Bergführer dieser Welt wird dann das gleiche machen: fünf Meter vor dem Gipfel bleibt er stehen und lässt uns alle vorgehen! Er selbst  ist der letzte, der auf’s Gipfelkreuz geht. Er lässt jedem den Vortritt und lässt jedem einzelnen das Gefühl: ich hab’s geschafft!

Das zweite ist, dass er dann jeden umarmen, die Hände schütteln und gratulieren wird. Und es gibst ein Gipfelfoto und dieses ganze Ritual, das dazugehört. Es wird ein großes Erlebnis sein für uns erschöpfte Wanderer. Das ist wichtig und auch richtig. Denn jeder, der auf den Großglockner oder irgendeinen anderen Berg gestiegen ist, der ist ja wirklich selber gegangen!

Das heißt, dass Du die Professionalität und Bescheidenheit eines Bergführers kombinierst?

Niemals wird ein Bergführer sagen: „Habe ich ja super geschafft, wie ich euch da hinauf gebracht habe!“ Was würde er damit erreichen? Er würde das Gipfelerlebnis für alle, die da mit sind, total kaputt machen. Sie würden ihn hassen. Das wäre das Ergebnis.

Dieser Effekt stellt sich oft ein, wenn große Beratungsunternehmen in Unternehmen kommen und ihre Standardmethoden anwenden. Sie sind dann stolz, dass sie mit ihrer XY-Methode kurzfristig etwas verändert haben. Aber so schnell kannst du nicht schauen und die bestehende Unternehmenskultur stößt das ab, denn die Leute lassen das nicht mit sich machen. Ein Bergführer muss sich wie ein Bergführer verhalten und nicht wie ein Arschloch.

Und du bist offenbar selber als Kulturdesigner sehr stark aufgerufen, dir deiner eigenen Haltung bewusst zu werden.

Ja, natürlich. Die Haltung, die ein Mensch hat, transportiert sich nach außen, ob er will oder nicht. Ein Mensch, der keine Menschen mag, kann eine solche Arbeit nicht machen. Ein Mensch, der andere für blöd oder dumm hält, auch nicht. Der kann lächeln, der kann nett sein und doch wird er seine eigentliche Meinung aus jeder Pore schwitzen. Wesentlicher Teil der Arbeit als Kulturdesigner ist es, das zu mögen, was man tut; auch wenn es nicht immer lustig ist. Die Widerstände sind manches Mal recht heftig.

Diese Verbindung von Kultur und Design ist sehr klingend und sehr kraftvoll und etwas rätselhaft. Vielleicht magst du zum Design-Begriff noch kurz etwas sagen?     

Ich bin Historiker von meiner Ausbildung her, da hat man einen ganz bestimmten Blick auf die Geschichte. Man sieht die großen Veränderungen, man sieht das Bewusstsein einer Nation. Dann habe ich eine zeitlang im Marketing gearbeitet und habe dort ähnliche Kräfte entdeckt. Wo eine Marke ist, gibt es auch ein Markenbewusstsein. Und alles hängt immer an ganz bestimmten Leuten, an ganz bestimmten Sätzen und diese Sätze hat jemand gesprochen.

Die Kultur ist niemals vom Himmel gefallen. Sie entsteht durch Menschen, Menschen wie wir. Und Kulturen kann man deswegen verändern und wir dürfen es auch. Kulturen entwickeln sich auch ganz von alleine. Ich mache manches mal eine Übung in Seminaren, da teile ich dann die Seminargruppe auf und erkläre ihnen: Ihr seid Siedlergruppen. Wir sind mit der Enterprise irgendwo hin geflogen und die Enterprise setzt jetzt Siedler aus auf ein paar benachbarten Planten und die haben den Auftrag, den Planeten jetzt besiedeln.

Dann bekommen alle Gruppen die gleichen Aufgaben – ganz einfache Dinge, wie ein Bild zeichnen oder ein Haus aus Papier basteln. Nach zwei Stunden treffen sie sich wieder. Und es ist unfassbar, obwohl die alle immer im selben Raum bleiben und nur in verschiedenen Ecken sitzen, entwickeln sich innerhalb von zwei Stunden vollkommen inkompatible, teilweise sich bekriegende Kulturen! Da kann dann schon einmal der Satz fallen: „Ich stich dich ab!“ In der Laborsituation und im Spaß, aber trotzdem – das ist verblüffend. Kulturen entwickeln sich einfach und die entsprechenden Werthaltungen dazu. Es ist sehr nahe an Religion.

Und das hat ja genau wieder damit zu tun, was wir vorhin besprochen haben, dass der Mensch Sinn braucht. Viktor Frankl hat das ja auch gezeigt: Sinn ist existentiell notwendig.

Genau.

Darum brauchen wir offenbar Kultur.    

Wir können Sinn nur innerhalb einer Kultur erfahren. Vor noch wenigen Jahren musste ein erfolgreicher Mensch ein möglichst großes Auto mit wahnsinnig breiten Reifen fahren. Der Gipfel davon war der Hummer von GM. Also ich würde mich das heute nicht trauen, denn jeder würde mich für einen Vollidioten halten. Aber vor ein paar Jahren war das ganz anders. Oder denke wir an das Rauchen! Daran kann man erkennen, wie sich Kulturen ändern, wie sich Werte umformen. Kultur ist die Gesamtheit von solchen Vorstellungen und sie verändert sich.

Ich habe dich zum Designbegriff gefragt. Vielleicht kann man das noch zuspitzen? Das ist doch ein sehr spezieller Begriff.    

Design unterscheidet sich ganz wesentlich vom Styling. Das Styling ist eigentlich eine Behübschung. Ich style einen Busch im Garten, man stylt das Auto, indem man sich einen Flammenaufkleber neben den Auspuff pickt oder einen Spoiler auf einen PKW schraubt.  Vielleicht sieht das cool aus und mein Auto unterscheidet sich im „Look“ von anderen. Aber innen ist es dasselbe Auto, wie alle anderen.

Man spricht ja auch in der Mode von Styling.  

Dadurch wird das Stück jetzt weder bequemer noch sinnvoller – es wird bloß auffällig und man wird gesehen. Es ist modisch. Training oder auch Beratung haben ein starkes Styling-Element. Wir strukturieren ein Unternehmen um und das sieht hübsch aus. Das ist ja nur äußeres Styling. Die Glaubenssätze haben sich damit nicht geändert. Die Logik des Designers ist eine andere. Ein Freund von mir, der Professor an einer Kunsthochschule ist, der hat gesagt, dass Design immer die Welt verändern will. Ergo kann ein Designer auch niemals Erfüllungsgehilfe sein. Ein Autodesigner bekommt ja auch nicht von der Direktion ein Scribble vom Auto, das er entwickeln soll.

Bei Kulturdesign geht es etwa darum dass z.B. Loyalität gegenüber dem Unternehmen entsteht. Das kann ich nicht mit einem Training machen. Im Unterschied zu klassischen Beratungsleistungen, wo man einfach einen Auftrag durchzieht, brauchen wir Kulturdesigner ein sehr breitgefächertes Wissen, sowohl theoretisch als auch praktisch. Wir entwickeln gemeinsam mit dem Auftraggeber Stück für Stück, wie wir alle mitnehmen können. Dafür gibt es keine Schablone. Das ist Design. Und die Menschen, die wirklich etwas ändern wollen, müssen begleitet werden, nicht auffällig, sondern in der Art eines guten Bergführers. Man darf nie vergessen, dass jeder aus dem Unternehmen am Ende eine unglaubliche persönliche Leistung hinter sich hat. Er hätte es alleine nicht auf den Glockner geschafft, aber er ist alleine gegangen. Und genau so ist das bei einer Kulturveränderung.

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