Baumphilosophie

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Der Salzburger Unternehmer Erwin Thoma baut seit Ende der 90er Jahre Häuser aus Vollholz. Er hat eine Mission: den Menschen die Sprache der Bäume nahezubringen. Harald Koisser hat dieser Sprache zugehört.

Erwin Thoma und die Bäume. Das ist die Geschichte einer Liebe, die ansteckend ist. Wenn man in den Büchern des Unternehmers liest, wie in dem jüngst erschienenen Werk über „Die geheime Sprache der Bäume“, entfaltet sich eine Welt des Alleins-Seins, der Wunder und der Demut und man möchte mit ihm in eine Umarmung der Fichten und Föhren gehen und von ihnen lernen.

Zu lernen gibt es Erstaunliches. Etwa dass Wurzeln ausnahmslos auf Unterstützung von Pilzen und Bakterien angewiesen sind. Ohne sie könnte kein Baum wachsen, er würde im besten Humus verhungern. In einem Teelöffel Erde leben eine Million Bakterien und zehn Mal so viele Viren und sie sind es, welche die Nährstoffe aus dem Erdreich herauslösen. Zudem informiert der Baum seine Helferlein laufend über seine Bedürfnisse. Will er gerade Harz bilden, um sich gegen Borkenkäfer zu wehren, oder braucht er Kraft für Höhenwachstum – die Bodenlebewesen liefern das Bestellte. Dabei darf man sich die Pilze und Bakterien nicht als Sklaven vorstellen. Thoma lässt den Baum sprechen: „Ihr lieben Freunde, jetzt beginnt das Frühjahr und ich will meine Krone mit einem Blätterdach bedecken. Wacht auf, Wachstum ist angesagt, bringt, was ihr findet. Im Herbst werde ich Euch dann reichen Lohn zurückgeben. Alle Blätter, die wir jetzt gemeinsam wachsen lassen, lege ich später auf Euren Boden zurück. Dort werden sie Humus. Das ist Eure Nahrung für lange Zeit und für viele Eurer Nachkommen.“

Wohl gibt es einen Wettstreit um die Sonnenplätze im Wald. Wer schneller am Licht ist und seine Krone ausbreitet, hat Vorteile. Die Langsameren müssen im Schatten warten. Bis zu tausend Bäume pro Hektar können in einer Fichtendickung an so einem Wettkampf teilnehmen und bis zur Altholzphase kann sich der Bestand auch auf rund 400 Bäume reduzieren. Dann aber legen die Bäume ihre Samen ab und beginnen, die Bodennährstoffe mit den „Kindern“ zu teilen. „Bäume sind sozial handelnde Wesen“, schreibt Thoma.

Man kann ihn für solche Sätze belächeln. Allerdings ist Thoma schon oft belächelt worden. Zum Beispiel damals 1998, als er mit einer Massivholzplatte zu einer staatlichen Brandschutzprüfung gekommen ist. Wie bitte? Er will ein Bauelement, das ausschließlich aus Holz besteht, auf Feuerfestigkeit prüfen lassen? Gelächter bei den Technikern! Aber nur solange, bis die getestete Stahlbetonarmierung im Nebenraum geborsten und seine Holzplatte von der Befeuerung gerade einmal angeröstet war. Das aus Vollholz gezimmerte, durch Buchendübel zusammengehaltene Element hielt selbst dreistündiges Beflammen bei 1000 Grad Celsius aus und verbesserte den Stand der Technik auf die sechsfache Brandsicherheit. Thoma erinnert sich an einen Jungenstreich, wo er mit anderen Burschen am Bauernhof den guten Hackstock ins Lagerfeuer stellte. Die Buben hatten natürlich erwartet, dass der massive Hackstock nun eine ordentliche Flamme abgeben würde, doch wie enttäuscht waren sie, dass der massive Klotz einfach nicht brannte und kaum gloste. Eine Enttäuschung für den jungen Erwin, ein Aha-Erlebnis für den älteren Ing. Thoma, der entdeckte, welche wunderbare Eigenschaften Holz hat. „Von Menschenhand kann so ein wunderbares Material nicht mehr verbessert werden“, steht für ihn fest.

Spektakuläre Ergebnisse brachte Holz wegen seiner thermodynamischen Eigenschaften auch bezüglich lang anhaltender Kälte: Es zeigte sich, dass ein aus Vollholz errichtetes Zimmer mit einer Wandstärke von 36 Zentimetern und 8 Zentimetern Dämmauflage erst nach einem Monat durchgehend ausgekühlt war, ein vergleichbarer Raum mit Ziegelwänden bereits nach 11 Tagen und ein Raum aus Fertigteilwänden in Holzskelettbauweise schon nach bescheidenen zwei Tagen– und das, obwohl in allen Fällen derselbe Dämmwert zugrunde gelegen ist.

Heute stehen Thomas Vollholz-Häuser überall, am Polarkreis, in Tokio, am Mittelmeer, am Berggipfel. Man muss sie kaum heizen, auch nicht im strengsten Winter, und vor allem übererfüllen sie alle gängigen Sicherheitsnormen. „Meine Häuser haben Feuer überstanden, massive Hochwasser und schwere Erdbeben in Japan“, sagt Thoma. Eines seiner Häuser wurde gerade zu dem Zeitpunkt montiert, als jenes Jahrhunderterdbeben durch Japan rollte, das zur Katastrophe von Fukushima führte. Sichtbare Bodenwellen rollten an die Baustelle heran, Zaunpfähle wurden aus dem Gras gehoben, Panik auf der Baustelle; …  der halbfertige Rohbau konnte in den Tagen danach unbeschädigt fertig montiert werden.

„Massives Holz ist das Beste und Sicherste, was es gibt, behaglich ist es sowieso“, lobt Thoma einen nachwachsenden Rohstoff, für den er aber weit poetischere Namen findet: die kooperierende Fichte, die transformierende Kiefer, die beständige Tanne. Tannenwälder mit mächtigen bis zu 70 Meter hohen Exemplaren, die einen Stammdurchmesser von einem Meter haben, sind ihm „gotische Waldeshallen der Natur“ und man verstummt mit dem Autor ehrfürchtig, wenn er davon erzählt. „Die Weißtanne kann 500 bis 600 Jahre alt werden, sie ist die Königin unserer Wälder. Königinnen sind keine vorauseilenden Pioniere.“ Sie lässt sich Zeit, wirkt lange klein von Wuchs, doch „einige Jahrhunderte später schaut alles anders aus“.

Thoma ist ganz Baumphilosoph, Baum-poet und vor allem Baumdolmetsch, wenn er die Sprache der Bäume für uns übersetzt. Er spricht von Langsamkeit, Beständigkeit und Weisheit. Er hat es ja einst schließlich auch mit ganz viel Mut und dem Wissen seines 90-jährigen Großvaters gewagt, sein Unternehmen zu gründen. Er weiß, was es heißt, das Alter zu würdigen und Widerständen zu trotzen.

So ist das mit dem Wachsen. Geduld, Lernen von den Alten, Dranbleiben an sich selbst. Erwin Thoma würde sagen: „Den Bäumen vertrauen, seinen Träume folgen.“

Ing. Erwin Thoma Holz GmbH
Hasling 35, 5622 Goldegg
T +43 6415 / 8910 – 11
F +43 6415 / 89 204
www.thoma.at

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